Im Jahr 2011 ist meine Buch "Schön! Stark! Frei! Wie Lesben in der Presse (nicht) dargestellt werden" erschienen. Alle Informationen dazu finden sie untger aktuelles. Ab August war ich im Sabbatjahr und auf Reisen in China, Tibet, Nepal, Indien sowie Neuseeland und Französisch Polynesien. Unten finden Sie Texte und Themen, die ich im ersten Halbjahr 2011 bearbeitet habe:

 


1.4.11 Artikel für Zeitschrift "info-bayern" 2/11:

Behindertenhilfe im Haushaltsplan
Massive Kürzung statt Inklusion

Die Behindertenhilfe soll um die Hälfte gekürzt werden. Das sieht der Entwurf des Haushaltsplans vor, den Finanzminister Georg Fahrenschon am 2. Februar dem Parlament vorgelegt hat. Statt wie bisher rund 1,8 Millionen pro Jahr soll diese Summe auf zwei Jahre "gestreckt" werden. Das kommt einer Halbierung der Leistungen gleich. Endgültig beschlossen ist dieser geplante Doppelhaushalt 2011/2012 wenn das Parlament am 5./6. und 7. April darüber abstimmt. Laut Finanzminister setzt dieser Haushaltsplan seinen Schwerpunkt auf die Bereiche Familie, Bildung und Innovation. - "Aber Menschen mit Behinderung sind dabei offensichtlich nicht mitgemeint", kritisiert Heinrich Fehling, der Geschäftsführer des Landesverbands Bayern für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (LVKM).

Zum Weiterlesen, siehe S. 4 unten: Download PDF "info-bayern" 2/11

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1.4.11 Artikel für Zeitschrift "info-bayern" 2/11:

Tagung Erwachsen Werden - Zukunft gestalten
Wurzeln und Flügel...

Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern mitbekommen: Wurzeln und Flügel, so Johann Wolfgang von Goethe. Die "Wurzeln" waren schon vielfach Thema bei den Tagungen Leben pur. Doch dieses Mal ging es um die "Flügel", um das Erwachsen werden von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen - um Träume und Zukunftspläne, um Freizeitgestaltung mit allen Sinnen und neue spannende Wohnmodelle mitten in der Gesellschaft.

Gillian Hill liebt Popmusik - dachten ihre Eltern bis sie diese Videoaufnahme ihrer Tochter sahen: Mit Kopfhörer sitzt die schwerstbehinderte Jugendliche vor der Kamera und bekommt klassische Musik zugespielt. Ganz zarte Töne - Gillian wird lebendig, die Augen beginnen zu leuchten. Sie lauscht. Eine gefühlvolle sanfte Frauenstimme setzt ein - Freude spiegelt sich auf Gillians Gesicht. Sie bewegt Kopf und Augen. Ihr Gesicht strahlt. Jeder neue süße Ton, jede Variation scheint sie zu verzaubern. Ihr Mund, ihre Zunge wollen mitsingen. Töne kommen über ihre Lippen. Sie lacht. Da setzt die Männerstimme zum Duett ein. Sie horcht mit jeder Faser ihres Körpers: etwas Neues! Freude, Erleichterung, Glück, Verzückung. - Eine neue Welt eröffnet sich ihr, durch Opernmusik. Ihre Eltern wussten nicht, dass ihrer Tochter klassische Musik so unter die Haut geht.
Gillians Musikerlebnis auf Video, das war eines der Beispiele, die die Referentin Loretto Lambe aus Schottland mitbrachte.

Zum Weiterlesen: Download PDF "info-bayern" 2/11

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Pressemitteilung vom 15.2.2011

Berliner Gesundheitspreis 2010 für pflegende Alleinerziehende
Auch "Supermütter" brauchen Hilfe!

Münchner Kontaktnetz allfabeta belegt 1. Platz. - Projekt gibt Unterstützung zur Selbsthilfe für allein erziehende Frauen mit Kindern mit Behinderung

Das Münchner Projekt allfabeta, Kontaktnetz für allein erziehende Frauen mit Kindern mit Behinderung, wurde am Montag, den 14. Februar, mit dem Berliner Gesundheitspreis 2010 ausgezeichnet. "Kinder alleine pflegen zu müssen, kann jeden von uns schnell an seine Grenzen bringen. Deshalb brauchen wir Initiativen wie ‚allfabeta' zur Unterstützung derjenigen, die diese Verantwortung schultern." Mit diesen Worten überreichte Josef Hecken, Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, der allfabeta Geschäftsführerin Johanna Kürzinger den Preis. "Auch Helfer brauchen Hilfe", lautete das Motto der diesjährigen Ausschreibung. Der mit insgesamt 50.000 Euro dotierte Preis wird von der AOK und der Ärztekammer Berlin alle zwei Jahre an insgesamt drei innovative Projekte vergeben. allfabeta belegte zusammen mit der Berliner Organisation "Pflege in Not" den ersten Platz.

Doch wie sieht der Alltag von allein erziehenden Müttern mit einem behinderten Kind aus? - Sie wickeln, waschen und füttern ihr Kind, obwohl es schon acht Jahre alt ist. Sie schlafen mit der pubertierenden Tochter im gleichen Zimmer, weil sie nachts Anfälle bekommt. Sie sind Mama und Spielkameradin, Hausfrau, Familienernährerin und müssen Expertin für Behindertenthemen sein. Sie schultern die ganze Verantwortung für ihr behindertes Kind alleine - Tag und Nacht. Viele arbeiten noch dazu in einem Teilzeitjob. Doch wo bleibt das eigene Leben - als Frau, mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen?

"Wenn die Frauen das erste Mal zu uns kommen sind sie meist vollkommen erschöpft und ausgebrannt. Viele leben sehr isoliert, weil sie keine Kraft für Freizeitaktivitäten und Treffen mit Freunden haben", erläutert Igball Selimi. Und genau hier setzt das Angebot des Kontaktnetzes allfabeta an: Die Sozialpädagogin "assistiert" den Müttern bei Vernetzung und Selbsthilfe. Sie berät, gibt Informationen weiter und bereitet vor allem die Treffen und Erholungswochenenden mit Kinderbetreuung vor. Dort können die "Supermütter" endlich mal zu sich kommen, sich austauschen und neue Kräfte auftanken.

allfabeta wurde 2007 von der Alleinerziehenden-Beratungsstelle allfa_m gegründet und ist ein Projekt des Trägervereins für Frauenprojekte siaf e.V.

Einen Download der Pressemitteilung und die Ergebnisse der erfolgreichen Pressearbeit finden Sie hier:
http://www.siaf.de/presse_aktuelles.html#aktuell

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Interview mit Beate Lessing vom 8.2.2011 zur Vorbereitung der Pressearbeit für allfabeta:

"Sofia und ich sind zwei Kämpfertypen"

Beate Lessing* ist Grundschullehrerin und arbeitet Vollzeit - ansonsten lebt sie sehr isoliert mit ihrer 11-jährigen Tochter Sofia. Sie hat ein fröhliches Gemüt, aber ist stark entwicklungsverzögert, auf dem Stand einer Vierjährigen. Ihre Diagnose ist bis heute unklar. Tags ist Sofia in "Dauer-Action", nachts wacht sie oft auf. Ihre Mutter ist neben ihrer Arbeit rund um die Uhr für sie da. Zeit für sich selbst hat sie eigentlich nie!

Frage: Wie schaffen sie das, Vollzeit arbeiten und alleine ihre Tochter erziehen, die Tag und Nacht Aufmerksamkeit braucht?

Beate Lessing: Ich bin jede Woche froh, wenn das Wochenende kommt, damit ich entspannen und ein bisschen länger schlafen kann. Und ich hangle mich immer durch bis wieder Ferien sind, denn dann kann ich mich um all das kümmern, was liegen geblieben ist. Zeit für mich habe ich eigentlich nie. - Bei uns hat jeder Tag eine klare Struktur: Um Viertel vor sechs stehe ich auf, mache erst mich, dann Sofia fertig. Um halb sieben kommt eine Betreuerin, die auf Sofia eine Stunde aufpasst bis sie um halb acht vom Bus abgeholt wird. Ich selbst muss auch kurz vor halb acht, vor Unterrichtsbeginn, in der Schule sein. Deswegen musste ich jemanden suchen, der morgens um diese Zeit für eine Stunde zu uns kommt. Das war nicht einfach.

Frage: Eine andere Lösung gab es nicht?

Nein. Und jemanden zu finden war ein hartes Stück Arbeit! Unzählige Annoncen und niemand hat sich gemeldet, es war horrormässig. Ich denke so um die hundert Euro habe ich dafür ausgegeben und es hat erst nach mehreren vergeblichen Versuchen geklappt. Jetzt habe ich eine sehr nette und kompetente Frau aus Gauting gefunden, die morgens für eine Stunde zu uns nachhause kommt. Zuvor war Sofia bei einer Nachbarin. Aber das ist auf Dauer nicht gut gegangen, weil Sofia diese Kurzbesuche nicht gut verkraftet hat. Gerade wenn sie anfing zu spielen wurde sie rausgerissen. Das war für sie eine äußerst stressige Situation.

Frage: Sofia ist dann in der Förderschule und anschließend in der Tagesstätte. Wie geht Ihr Tag dann weiter?

Nach sechs Unterrichtsstunden, Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Korrekturarbeiten und Besprechungen bin ich um Vier gleichzeitig mit Sofia zuhause. Dann mache ich meine Hausarbeit, wir gehen zusammen einkaufen oder spielen. Sofia ist motorisch sehr unruhig, wie ein Stehaufmännchen, ständig in Action. Ich habe extra eine Wohnung im Erdgeschoß mit Garten gesucht, damit sie sich draußen austoben kann und ich nicht Angst haben muss, dass sie aus dem Fenster fällt. Ich muss ständig aufpassen, denn sie kann Gefahren, zum Beispiel im Straßen-verkehr, nicht einschätzen. Man sieht ihr die Behinderung auch nicht an. Und mit ihrem fröhlichen offenen Wesen geht sie einfach auf alle Leute zu, lacht und sagt "Hallo" und würde wahrscheinlich auch mitgehen.

*Name verändert

Zum Weiterlesen: Download PDF "Interview mit Beate Lessing"

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Interview mit Christine Heck vom 3.2.2011 zur Vorbereitung der Pressearbeit für allfabeta:

"Man darf nicht warten bis jemand kommt"

Christine Heck* ist zusammen mit ihrer 6-jährigen Tochter Jasmin* erst vor kurzem nach München gezogen. Hier gibt es bessere Fördermöglichkeiten für Jasmin, die eine Körperbehinderung hat, ein seltenes Syndrom, bei dem die Gelenke verkrümmt und verbogen sind. Weil Jasmin oft krank ist, verliert die 46-jährige Christine Heck ständig ihren Mini-Job. Doch am schlimmsten waren die harten Kämpfe mit ihrer Krankenkasse. - Aber davon lässt sie sich die Lebensfreude nicht verderben. 

Frage: Wie gefällt es Ihnen in München?

Christine Heck: Gut, wir sind richtig glücklich in München! Wir genießen die vielen Möglichkeiten, die eine Stadt wie München bietet. Schon allein das U-Bahn fahren ist aufregend, weil Jasmin sehr kontaktfreudig ist und alle Leute begrüßt. Sie liebt Tiere und wir sind oft im Tierpark oder wir gehen einfach Kaffeetrinken, in die Bibliothek, schauen uns Bücher an oder in die Spielwarenabteilung im Kaufhaus. Hier in der Stadt ist es viel einfacher sich mit dem Rollstuhl fortzubewegen als auf dem Land und er fällt auch viel weniger auf.

Frage: War das nicht schwierig als allein Erziehende mit einem behinderten Kind umzuziehen, neue Wurzeln zu schlagen?

Allerdings! Wir wohnen jetzt seit Juni hier in Johanneskirchen in einer Einzimmerwohnung im 15. Stock. Die zu kriegen war nicht einfach. Ich bin anfangs voll Optimismus an die Wohnungssuche gegangen und war dann schnell ernüchtert. Ich dachte mir, vielleicht war es abschreckend, wie wir zwei daher gekommen sind. Der Makler hat gesagt, wir seien nicht vermittelbar, weil wir einen höheren Mieterschutz haben und man uns nicht mehr aus der Wohnung raus kriegt. Nachdem ich mindestens 30 Mietauskünfte ausgefüllt hatte, war ich dann mit dieser Wohnung erstmal zufrieden. Zumal wir unter Zeitdruck waren und in München gemeldet sein mussten damit Jasmin einen Kindergartenplatz bekommt. 

Frage: Was genau hat Jasmin?

Ein seltenes Syndrom, AMC, Arthrogryposis multiplex congenita, das ist eine Körperbehinderung, bei der die Gelenke verkrümmt und verdreht sind. Damit es nicht schlimmer wird, musste ich schon mit Jasmin als sie noch ganz klein war täglich Krankengymnastik machen. Das ist eine sehr schmerzhafte Tortur für sie und sie weint oft dabei. Und auch mich kostet es jeden Tag Überwindung. Einmal die Woche gibt uns die Physiotherapeutin neue Anweisungen wie ich ihre Gelenke strecken und beugen muss bis zur Schmerzgrenze, damit sich die Muskeln und Bänder nicht verkürzen und die Gelenke dann versteifen. Nach dieser Stunde "Turnen", so nennen wir das, ist mein Gewissen dann erleichtert und der Tag ist okay.

*Name verändert

 Zum Weiterlesen: Download PDF "Interview mit Christine Heck"

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Interview mit Carola Eiben vom 2.2.2011 zur Vorbereitung der Pressearbeit für allfabeta:

"Es gibt Momente, wo ich mein Kind mit Widerwillen in den Arm nehme"

Carola Eiben liebt ihren Sohn Jannis und hat ihr Leben komplett nach seinen Bedürfnissen ausgerichtet. Aber an einem bestimmten Punkt, war sie am Ende ihrer Kräfte... Seit einem Jahr ist sie mit allfabeta und der Selbsthilfegruppe BamBeKi vernetzt. Sie war immer allein erziehend und wohnt mit Jannis in einer Kleinstadt nahe München. Der Elfjährige hat die Diagnose Frühkindlicher Autismus mit leichter geistiger Behinderung.

Frage: Ihrem Sohn sieht man seine Behinderung auf den ersten Blick nicht an. Aber wie wirkt sie sich im Alltag aus?

Carola Eiben: Jannis ist zwar nicht körperbehindert, aber er braucht Pflege und Betreuung wie ein dreijähriges Kind. Das geht morgens nach dem Aufstehen gleich los: Er ist zappelig wie ein Aufziehmännchen, in ständiger Bewegung und dazu sprunghaft in seinem ganzen Verhalten. Das heißt, viele Handlungen führt er nicht zu Ende. Oder er schreit und regt sich lautstark brüllend über etwas auf, dann dreht er sich um und alles ist wie normal. Außerdem kann er nur eingeschränkt sprechen. Mit seinen elf Jahren formuliert er erst seit kurzem Sätze mit drei Wörtern. Maximal 20 Minuten kann er sich alleine beschäftigen, dann kommt er aus seinem Zimmer und rennt vor mir Auf und Ab und im Kreis. Das wiederholt sich nach dem immer gleichen Schema, wie eine Schallplatte, die hängt, bis er vollkommen erschöpft ist.

Frage: Kann er sich alleine Anziehen, Waschen, Essen und solche Dinge?

Das Essen ist ein Albtraum, ein endloser Kampf. Er kann zwar selber ein Brot essen, steht dabei aber mindestens zehnmal auf und vergisst nach ein paar Bissen das Brot fertig zu essen. Dabei ist er rappeldürr! Mit 1,52 Meter wiegt er 27 Kilo. Ich muss ihn also meist füttern. In der Schule isst er fast nichts zu Mittag. Denn er nimmt tagsüber ein Medikament, das wirkt dämpfend und leider auch Appetit zügelnd. - Waschen geht eingeschränkt, aber nur mit einem Stück Seife. Denn er mag das Cremige, Flüssige nicht. Und wenn es ans Abtrocknen geht hat er schon wieder vergessen, was zu tun ist. Auf die Toilette kann er zum Glück alleine gehen.

Zum Weiterlesen: Download PDF "Interview mit Carola Eiben"

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1.2.11 Artikel für Zeitschrift "info-bayern" 1/11:


Fachtagung zur Reform der Eingliederungshilfe
Wird es besser oder schlechter?

Wenn ein Gesetz entsteht, weil gespart werden soll, kann sich jeder vorstellen, wohin es geht. Wenn ein Gesetz aber gleichzeitig die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen will und sich auf die Fahnen geschrieben hat, "personenzentriert" zu sein, dann hoffen alle, dass am Ende etwas Gutes rauskommt. Die ersten Weichen bei der Reform der Eingliederungshilfe werden schon gestellt... Bei der Fachtagung des Landesverbands konnte man den Stand des Gesetzesvorhabens erfahren. info-bayern war dabei.

Die Mütter sitzen ganz hinten bei dieser Tagung. Aber sie berichten, wie es an der "Front" aussieht: vom zähen Kampf um Fördermaßnahmen und Fahrdienste, um Wohn- oder Werkstattplätze, vom Persönlichen Budget, das hier in Bayern niemand nutzen kann, weil nicht mal Fachleute durchblicken, von neuen Verordnungen und Anträgen, die eineinhalb Jahre brauchen, bis sie bearbeitet werden und über den ganzen Bürokratendschungel, der den Alltag von Familien mit einem behinderten Familienmitglied bestimmt. Das ist der Status Quo. Wenn nun die Gesetze für Menschen mit Behinderung, also die Eingliederungshilfe, umfassend reformiert werden sollen, dann ist das auch eine der größten Gefahren: "Personenzentrierte Teilhabeleistung" ist ein Leitgedanke beim Umbau der Eingliederungshilfe. Und das kann bedeuten, dass tatsächlich "individuelle Bedarfe stärker berücksichtigt werden", wie es im Beamtendeutsch heißt, aber es kann auch bedeuten, dass Menschen mit Behinderung noch mehr auf engagierte Angehörige angewiesen sind, die ihre "Bedarfe" für sie durchboxen.

Zum Weiterlesen: Download PDF "info-bayern" 1/11

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1.2.11 Artikel für Zeitschrift "info-bayern" 1/11:

Neu: Netzwerkfrauen kooperieren mit Frauennotruf
Beratung bei sexueller Gewalt

Schon seit Oktober 2009 gibt es in Bayern ein neues Beratungsangebot für Frauen mit Behinderung zum Thema sexuelle Gewalt. Das frauenspezifische Angebot entstand als Kooperationsprojekt der Netzwerkfrauen-Bayern zusammen mit der Fachstelle des Frauennotrufs München und ist bisher nur wenig bekannt. Behinderte Frauen können sich hier per Internet, per Telefon oder auch persönlich in barrierefreien Räumen beraten lassen. Das Themenspektrum reicht von allgemeinen Fragen zu Partnerschaft, Assistenz und Sexualität bis hin zu psychischen, körperlichen oder sexuellen Übergriffen, Missbrauch und Vergewaltigung. Auch Frauen, die "nur" diffuse Ängste haben, unter Abhängigkeits- und Ohnmachtsgefühlen oder psychosomatischen Beschwerden leiden, können hier Rat und Hilfe finden. "Wir kennen die Angst und die Scham, sich jemandem anzuvertrauen", ermutigt Marion Stangl potenzielle Interessentinnen. Sie leitet seit 2007 den Arbeitskreis "Sexuelle Gewalt" der Netzwerkfrauen und berät zusammen mit ihren Kolleginnen Esther Hoffmann und Tanja Miedl. Betroffene Frauen können sich unverbindlich entweder direkt an den seit November barrierefrei zugänglichen Münchner Frauennotruf wenden oder sie rufen im Büro der Netzwerkfrauen an, wo nach Terminabsprache eine Beraterin (des Notrufs) vor Ort ist. "Unsere Netzwerk-Räume sind sozusagen neutraler Boden. Die Frau muss ihrer Assistenzperson oder dem Taxifahrer gegenüber nicht offenlegen, dass sie sich zu diesem Thema informiert", erläutert Marion Stangl. Das niedrigschwellige Beratungsangebot per E-Mail und Internet-Telefonie (Skype) wurde vor kurzem noch ausgeweitet, denn "einen Computer können viele ohne Assistenz bedienen", so Marion Stangl. Sie schätzt, dass zwei Drittel aller Frauen mit Behinderung sexualisierte Gewalt erfahren mussten. Studien weisen darauf hin, dass behinderte Frauen mindestens doppelt so häufig betroffen sind wie nichtbehinderte Frauen. Ausschlaggebend dafür sind Risikofaktoren wie Erziehung zu Anpassung und Unauffälligkeit, Hilfsbedürftigkeit und Abhängigkeit, geringes Selbstwertgefühl, verminderte Artikulationsfähigkeit, vermeintlich geringe Glaubwürdigkeit, Leugnung und Reglementierung sexueller Bedürfnisse, Unaufgeklärtheit.

Infos und Termine:

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